PRODUKTHAFTUNGSRECHT
Jedes Unternehmen, das in die USA exportiert, wird zwangsläufig mit dem Thema "Produkthaftung" konfrontiert. Immer wieder wird in den Medien über spektakuläre Produkthaftungsklagen aus den USA berichtet.
Das amerikanische Recht kennt im Wesentlichen drei voneinander unabhängige Anspruchsgrundlagen für Produkthaftungsklagen:
-
"Breach of Warranty": Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Haftung dafür, dass ein Produkt bestimmte Eigenschaften besitzt. Sie ist gesetzlich im "Uniform Commercial Code" geregelt und entspricht am ehesten der deutschen Gewährleistungshaftung. Voraussetzung der Haftung ist, dass ausdrücklich ("express") oder stillschweigend ("implied") garantierte Eigenschaften nicht eingehalten wurden.
-
"Negligence": Sie gründet auf der zumindest fahrlässigen Verletzung einer Sorgfaltspflicht und entspricht in etwa dem deutschen § 823 BGB. Diese Haftung ist verschuldensabhängig. Der Kläger hat die volle Beweislast.
-
"Strict Liability in Tort": Sie ist eine Gefährdungshaftung, die einen Schaden verursachenden Produktfehler voraussetzt. Sie ist mit dem deutschen Produkthaftungsgesetz (PHG) vergleichbar und trifft den Hersteller, Händler und Versender verschuldensunabhängig. Hierzu gibt es keine gesetzliche Regelung, sondern nur Rechtsprechung, sog. "case law".
Zu einer Haftung können Herstellungsfehler, Konstruktionsfehler, Instruktionsfehler und die Verletzung einer Produktbeobachtungspflicht führen. Bereits bei der Entwicklung können Fehler unterlaufen, wenn die Konstruktion nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Bei der Herstellung können Fertigungsfehler, die vor Inverkehrbringen nicht beseitigt werden, eine Haftung auslösen. Dies kann auch durch nicht ausreichend kontrollierte Zuliefererteile geschehen. Schließlich können auch fehlerhafte Anweisungen zum sicheren Gebrauch, zur Montage und zur Wartung sowie nicht ausreichende Produktbeobachtung oder eine unterlassene Rückrufaktion zu einer Haftung führen.
Für eine Haftung muss ein vom Kläger nachzuweisender, Kausalzusammenhang zwischen einem Produktfehler und einem Schaden bestehen.
Als Grundsatz gilt: Jeder in der Vertriebskette kann für die Haftung herangezogen werden. Für die Produkthaftung kommen in den USA also der Hersteller, der Händler, der Importeur, der Vertragshändler, der Zulieferer und unter Umständen auch der Entwickler des Produktes in Betracht. Der Kläger hat ein Wahlrecht, wen er verklagen möchte und kann auch mehrere oder alle in Betracht kommenden Gegner verklagen.
Ein entscheidender Unterschied zum deutschen Recht ist, dass in den USA üblicherweise nicht der Richter, sondern die "Jury" über den Schadensersatz entscheidet. Sie ist dabei an keine Anträge gebunden. Die Jury ist zusammengesetzt aus Bürgern jeglicher Herkunft, die über keine juristische Vorbildung verfügen müssen und den Fall eher mit dem gesunden Menschenverstand beurteilen. Der Richter überwacht nur den geordneten Verfahrensablauf.
Es sind verschiedene Arten des Schadensersatzes zu unterscheiden. Ersetzt werden "Direct Damages", die direkt aus dem Produktfehler herrühren. Daneben kommen immaterielle Schäden in Betracht wie "Pain and Suffering", "Emotional Distress", die in etwa dem deutschen Schmerzensgeld entsprechen, und "Lost Income", der erlittene Verdienstausfall.
Außerdem kommen sogenannte "Punitive Damages" hinzu, ein Strafschadensersatz, der dem deutschen Recht unbekannt ist und der - zumindest nach derzeitiger Rechtslage - in Deutschland nicht vollstreckt wird. In den meisten Fällen wird der Strafschadensersatz den Großteil der Gesamtsumme ausmachen. Hinzu können "Consequential Damages" kommen, welche die Folgeschäden betreffen.
Eine gerichtliche Inanspruchnahme in den USA ist sowohl auf Grundlage einer örtlichen Präsenz als auch allein unter Produkthaftungsgesichtspunkten im Hinblick auf das Inverkehrbringens eines Produkts oder durch eine Internetpräsenz grundsätzlich möglich. Angesichts der fragmentartigen und zum Teil widersprüchlichen Rechtsprechung des United States Surpreme Courts bestehen jedoch erhebliche Unsicherheiten dahingehend, wie das zuständige Gericht die einzelnen Prüfungskriterien gewichten und auf den jeweiligen Sachverhalt anwenden wird. Es ist daher in jedem Fall ratsam, sich entsprechende Strategien zu überlegen, um das Risiko einer Haftung zu minimieren.
ERNSTLAW klärt Sie bereits bei Ihrem Einstieg in den US-Markt über die spezifischen Haftungsrisiken, die bei dem Vertrieb Ihres Produkts in den USA entstehen können, auf. Zudem bieten wir unseren Mandanten an, die Bedienungs- und Betriebsanleitungen bzw. die Produktinformationen auf ihre haftungsrechtliche Relevanz zu überprüfen und dafür Sorge zu tragen, dass die in den USA vorgeschriebenen Anforderungen eingehalten werden. Darüber hinaus beraten wir Unternehmen, die sich gegen eine Produkthaftungsklage verteidigen müssen, und übernehmen deren gerichtliche Vertretung.
Die Inhalte dieser Website werden mit größt möglicher Sorgfalt recherchiert. Gleichwohl übernimmt der Anbieter keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen. Die in dieser Zusammenfassung enthaltene Übersicht über das amerikanische Produkthaftungsrecht ist allgemeiner Natur und auf zahlreiche wichtige regulatorische Details wurde bewusst verzichtet um das Verständnis komplexer Zusammenhänge nicht zu erschweren. Die dargestellten Informationen, Rechtsansichten und Meinungen sind nicht als Rechtsberatung zu verstehen und können eine individuelle, auf die Besonderheiten des Einzelfalles bezogene rechtliche Beratung nicht ersetzen.